Ein Plädoyer dafür, die Krise nicht zu unterschätzen, rechtzeitig richtige und weitreichende Maßnahmen zu setzen und dass Unternehmer in dieser Zeit wieder vermehrt auf ihre CFOs hören sollten. Gastbeitrag von Jürgen Kaiser (ausgezeichnet als Interim Manager des Jahres 2020)

Das mit dem Optimismus ist so eine Sache.

„Ohne Optimismus kommt man aus keiner Krise“ und „Optimismus ist in diesen Zeiten wichtiger denn je“ hört man zunehmend dieser Tage. Und ja, Zuversicht ist wichtig, um wieder in eine „Normalität“ zurückzufinden – und schließlich brauchen wir kaufkräftige und optimistische Konsumenten, damit die Wirtschaft nach der Krise wieder anläuft. Völlig einverstanden.

Stellt sich nur die Frage: Befinden wir uns schon nach der Krise? Oder vielleicht doch noch mittendrin? Oder vielleicht sogar erst davor?

Wenn meine Tätigkeit in Unternehmen in der Krise etwas gezeigt hat, dann, wie essenziell Zuversicht nach einer Krise ist, um wieder neu durchzustarten. Aber auch, wie sehr verfrühter Optimismus vor oder in einer existenziellen Krise dazu führt, dass nicht sämtliche Handlungsoptionen ausreichend geprüft und umgesetzt werden und letztlich dann doch wieder die Zeit davonläuft. „Das stabilisiert sich schnell wieder“, „dieser Markt hat sich nach einer kurzen Delle immer schnell wieder erholt“, „das ist nur kurzfristig, glauben Sie mir“ waren schon oft Argumente, die dazu dienen sollten, nicht den angeratenen, möglicherweise schmerzhaften Schritt zu grundlegenden Veränderungen machen zu müssen.

So wichtig also eine positive Lebenseinstellung sein mag, um Krisen (seien sie nun im persönlichen oder im beruflichen/wirtschaftlichen Umfeld) zu meistern, so sehr sollte diese Haltung aber nicht dazu führen, dass wir aufziehende Herausforderungen unterschätzen. Ich behaupte, dass dies im Moment im großen Stil der Fall ist. Wir alle sind so erleichtert von den schrittweisen Lockerungen in unserem gesellschaftlichen Leben, dass uns damit verbunden eine Rückkehr zur „alten Normalität“ schon zwangsläufig suggeriert wird. Es fühlt sich an, als sei die Krise überwunden bzw. seien wir am besten Weg, diese bald zu überwinden.

Mitnichten.

Und ich rede hier noch gar nicht von etwaigen, auch immer in Zusammenhang mit vorausgegangenen Pandemien (die spanische Grippe wird hier oft erwähnt) verglichenen Wahrscheinlichkeiten einer zweiten, vielleicht sogar noch größeren, intensiveren Ansteckungs-Welle. Dies lässt sich wohl schwer vorhersagen. Ausschließen kann man sie nicht.

Ich möchte mich daher darauf fokussieren, was wir durchaus mit großer Wahrscheinlichkeit vorhersagen können:

Ein Großteil der heimischen Wirtschaft wird wohl am Ende des Jahres 2020 auf eine dramatische Verschlechterung des ersten und zweiten Quartals, je nach Branche und Situation wohl auch zweiten Halbjahres, 2020 zurückblicken. Das dadurch dahinschwindende Eigenkapital wird zumindest seine Wirkung bei der Hausbank und der Kreditversicherung nicht verfehlen.

Und dies nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auch bei Kunden und Lieferanten, denen der Banker oder Kreditversicherer tief in die Augen schauen wird, oder sogar bei der Bank selbst, deren Bereitschaft zur Vergabe neuer Betriebsmittelkredite durch das schwindende bankeigene Eigenkapital beeinflusst werden wird. Der Internationale Währungsfonds (IWF) beispielsweise rechnet mit der schwersten globalen Rezession seit fast 100 Jahren. Die Wirtschaftsleistung in der Eurozone werde 2020 um rund 7,5 Prozent zurückgehen.

In Österreich und Deutschland wird ein Rückgang von 7 Prozent erwartet. Dieser Wert ist im Vergleich zu der Erwartungshaltung vor Corona zu sehen, da ging man von einem globalen Wachstum von 3,3 Prozent aus.

Das Besondere dabei ist, dass es sich diesmal um eine globale Krise handelt, weil letztlich kein Land verschont bleibt. Das wird sich in den Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen beinahe sämtlicher Unternehmen weltweit auswirken!

Der österreichische Gläubigerschutzverband AKV rechnet regelrecht mit einer „Insolvenzwelle“ im dritten Quartal 2020. Der Rückgang bei Firmen- und Privatinsolvenzen im 1. Quartal 2020 sei nur mit den Maßnahmen der Regierung zu begründen.

Gleiches mit jeweils leicht geänderten Zahlen erwartet Coface (plus 25% Unternehmensinsolvenzen in 2020). Coface sieht weiters einen „brutalen Nachfrageschock“, da viele Verbraucher ihre Ausgaben für Waren und Dienstleistungen streichen oder verschieben. Gerade die für Österreich und Deutschland wesentliche Automotive-Branche sieht Coface besonders betroffen: „Langlebige Verbrauchsgüter wie Fahrzeuge werden wahrscheinlich zu den am stärksten von diesem Schock betroffenen Waren zählen.“

Generell sieht Coface aber – mit wenigen Ausnahmen – sämtliche Branchen betroffen, „auch andere Ausgaben, wie für Textilien und Kleidung sowie Elektronik, werden wahrscheinlich auf fast null reduziert werden.“

Somit werden auch auf Unternehmen, die nun den Lockdown selbst gut überstanden haben, in den kommenden Monaten zahlreiche Herausforderungen zukommen, die daraus resultieren, dass vielleicht ihre B2B-Kunden mit Absatz- oder Liquiditätsschwierigkeiten kämpfen, die B2C-Kunden verhalten konsumieren und die Lieferanten sich gleichen Herausforderungen gegenübersehen und wiederum Lieferketten stark gefährdet sind (neuerlich) abzureißen. 

Wer den Lockdown überstanden hat, hat noch nicht die Krise überstanden.

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