Spätestens seit der Novelle 2017 ist bekannt: Lohn- und Sozialdumping ist kein Kavaliersdelikt! Jetzt sorgt ein aktuelles EuGH-Urteil für Aufregung, das die Strafhöhen infrage stellt. Lesen Sie hier, welche Folgen das Urteil für Unternehmen haben könnte!

Der Fall Andritz – Aufhebung von Millionenstrafen für vier Manager

Wer Arbeitskräfte nicht nach österreichischem Lohnniveau bezahlt, muss tief in die Tasche greifen. Diese Erfahrung machte auch der Maschinenbauer Andritz: 2017 wurden vier Vorstandsmitglieder des Unternehmens mit je fünf Millionen Euro bestraft, weil Lohnunterlagen und Beschäftigungsbewilligungen für ausländische Arbeitskräfte gefehlt hatten. Was war passiert? Andritz hatte die kroatische Firma Brodmont als Subauftragnehmer für Sanierungsarbeiten an einem zerstörten Laugenkessel beschäftigt. Daraufhin wurden von Brodmont 217 ausländische Arbeitskräfte nach Österreich entsandt. Nach Ansicht der zuständigen Behörde lag jedoch keine Entsendung, sondern eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung vor. Die Folge: Andritz fehlten Lohnunterlagen und Beschäftigungsbewilligungen für über 200 ausländische Arbeitskräfte.

Kritik am LSD-BG

Das österreichische Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) sieht generell sehr hohe Strafen für Unterentlohnung, aber auch Verstöße gegen Melde- und Bereithaltungspflichten vor. Besonders heikel ist dabei das sogenannte Kumulationsprinzip. Das bedeutet, dass Geldstrafen pro Verstoß und betroffenem Arbeitnehmer verhängt werden – was gerade im Fall Andritz zu den exorbitanten Strafen führte.

Achtung: Kontrollen werden regelmäßig durch GKK, Finanzpolizei und BUAK durchgeführt und betreffen auch ausländische Arbeitgeber, die Arbeitnehmer nach Österreich entsenden oder überlassen!

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hatte Zweifel, ob die bestehenden Regelungen der EU-Dienstleistungsfreiheit widersprechen würden, und rief den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an.

Dieser hob in letzter Konsequenz das Urteil gegen die Andritz-Vorstände auf und äußerte massive Kritik am österreichischen Lohndumping-Regime. Laut EuGH

  • ist die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch das LSD-BG nicht gerechtfertigt,
  • sind die Strafbestimmungen unverhältnismäßig und
  • ist vor allem das Kumulationsprinzip ohne Deckelung im Zusammenhang mit Ersatzfreiheitsstrafen problematisch.

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Auswirkungen des EuGH-Urteils: Lohndumping wieder hoch im Kurs?

Von Experten wird erwartet, dass die Rechtsprechung des EuGH im Fall Andritz dazu führen wird, dass Strafen im bisherigen Ausmaß nicht mehr verhängt werden können. Der österreichische Gesetzgeber wird somit rasch reagieren und das LSD-BG anpassen müssen. Im Mittelpunkt wird dabei vermutlich die Neuregelung des umstrittenen Kumulationsprinzips stehen.

Wichtig für Arbeitgeber: Die Pflichten aus dem LSD-BG bleiben bis zu einer Anpassung dennoch bestehen und sollten unbedingt weiterhin eingehalten werden!

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