Ein Mann blickt mit Lupe auf einen kleinen Mitarbeiter herunter.

Wann ist ein Betriebsrat gesetzlich verpflichtend? Welche Mitwirkungsrechte hat er – und worauf sollten Geschäftsführer achten?

Rechtsanwalt Mag. Erwin Fuchs verrät im Interview, worauf Arbeitgeber bei der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat achten sollten.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Definition: Was genau ist ein Betriebsrat überhaupt? Wie und wann kommt dieser zustande?
  2. Gibt es besondere rechtliche Vorgaben für den Betriebsrat?
  3. Was sind die wichtigsten Mitwirkungsrechte, die ein Betriebsrat im Unternehmen hat?
  4. Was passiert, wenn der Arbeitgeber seine Informationspflicht nicht einhält?
  5. Was für Konsequenzen hat eine derartige Klage für den Arbeitgeber?
  6. Was sind denn die Grenzen der Mitbestimmung?
  7. Welchen Praxis-Tipp würden Sie Arbeitgebern mit auf den Weg geben für den Umgang mit dem Betriebsrat?

 

Definition: Was genau ist ein Betriebsrat überhaupt? Wie und wann kommt dieser zustande?

Mag. Erwin Fuchs: Ein Betriebsrat (BR) ist eine Arbeitnehmervertretung. Das Interessante ist: Das österreichische Arbeitsverfassungsgesetz würde, ab fünf Mitarbeitern im Unternehmen, eigentlich eine Pflicht zur Gründung eines Betriebsrates vorsehen (siehe § 40/1 ArbVG).

Diese Verpflichtung ist aber nicht pönalisiert: Es gibt also keine Strafe bei Nichteinhaltung.
Die Zahl der Betriebsratsmitglieder steigt mit der Anzahl der Mitarbeiter, welche den Betriebsratsvorsitzenden (BRV) wählen. Der Arbeitgeber muss dem BR Räumlichkeiten und sonstige Sacherfordernisse unentgeltlich verfügbar machen.

Detaillierte Informationen zur Wahl und den Aufgaben des BR: §§ 50 – 72 ArbVG.

In Österreich haben traditionell eher größere Unternehmen einen Betriebsrat – etwa ab fünfzig bis hundert Mitarbeitern. Ausschlaggebend für die Gründung eines BR können auch Spannungen mit der Geschäftsführer sein oder etwa, dass einzelne Mitarbeiter sich stärker engagieren wollen.

Als Beispiel: Ich habe vor kurzem ein In-House-Seminar in einem sehr großen Unternehmen geleitet.
Dort wurde, in einem kleinen, neuen Teilbetrieb ein Betriebsrat gegründet, da ein Sozialplan anstand.

Ein Sozialplan ist eine Abfederung von negativen Betriebsänderungen – z.B. Massenkündigungen, Umstrukturierungen – und häufig Anlass für die Gründung eines BR.

 

Gibt es besondere rechtliche Vorgaben für den Betriebsrat?

Mag. Erwin Fuchs: Eine der wichtigsten Regelungen für Betriebsräte ist der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz, der sogenannte besondere Bestandsschutz.

In Österreich herrscht grundsätzlich Kündigungsfreiheit, das heißt: Wir müssen Kündigungen nicht begründen, Entlassungen schon. Aber: Kündigungen können in Österreich sehr leicht angefochten werden!

Eine klassische Anfechtung wäre auf Basis von Sozialwidrigkeit. Hier behauptet der Mitarbeiter, dass er durch die Kündigung in seinen sozialen Interessen beeinträchtigt wird.

Betriebsratsmitglieder gehören zur Gruppe des besonderen Bestandsschutzes und haben – genauso wie Lehrlinge, begünstigt Behinderte, Elternteilzeitmitarbeiter, Schwangere und Zivil- bzw. Präsenzdiener – einen vorgeschalteten Schutz.

Diese Mitarbeitergruppen darf man üblicherweise nur mit gerichtlicher Zustimmung kündigen. Das macht die Teilnahme am Betriebsrat für viele Mitarbeiter attraktiver.

 

Was sind die wichtigsten Mitwirkungsrechte, die ein Betriebsrat im Unternehmen hat?

Mag. Erwin Fuchs:  Die wichtigsten Mitwirkungsrechte wären sicherlich hinsichtlich Personalfragen. Ich muss, als Arbeitgeber, den Betriebsrat eine Woche vor einer Kündigung über meine Absicht informieren; Entlassungen habe ich sofort zu melden.

Unter Umständen wird der BR in eine einvernehmliche Lösung involviert. Ich muss den Betriebsrat bei allem einbeziehen, wo soziale, wirtschaftliche, kulturelle und persönliche Interessen von Mitarbeitern berührt werden.

Je nachdem, wie der Gesetzgeber das System gestaltet hat, ist dieses Mitwirkungsrecht entweder

        ein Informationsrecht des Betriebsrates,
        eine Informationspflicht aus Sicht des Arbeitgebers
        die Verpflichtung zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung
        oder ein absolutes Vetorecht des Betriebsrats.

Letzteres kommt in Österreich nur sehr selten vor und streng genommen auch nur bei einer verschlechternden Versetzung oder bestimmten Kontrollmaßnahmen, wie etwa Videoüberwachung oder speziellen Personalfragebögen. Betriebsräte können also eine Versetzung verhindern, aber keine Kündigung


Was passiert, wenn der Arbeitgeber seine Informationspflicht nicht einhält?

Mag. Erwin Fuchs:  Der Betriebsrat hat die Möglichkeit, sein Informationsrecht einzuklagen.

Diesen Fall hatten wir in Österreich etwa bei Austrian Airlines: Der Arbeitgeber hatte den Betriebsrat nicht über eine Mystery Flyer-Aktion informiert.

Bei Mystery Flyern werden Dummy-Kunden durch das System geschickt, damit der Arbeitgeber prüfen kann, wie die Belegschaft agiert. Eine solche Aktion ist informationspflichtig!

Der Betriebsrat hat eine Klage auf Feststellung der Informationspflicht eingebracht und in der dritten Instanz Recht bekommen.

Betriebsräte haben außerdem die Möglichkeit, Kündigungsabsichten eines Arbeitgebers mit einem Widerspruch zu beantworten. Damit hat zum Beispiel ein gekündigter Arbeitnehmer mehr Anfechtungsmöglichkeiten!


Was für Konsequenzen hat eine derartige Klage für den Arbeitgeber?

Mag. Erwin Fuchs:  Häufig geht so etwas, wie im Falle von Austrian Airlines, durch die Medien.

Ab dem Zeitpunkt weiß die Öffentlichkeit: Das Unternehmen A oder B hat es nicht geschafft, mit dem Betriebsrat ordnungsgemäß umzugehen.

Nach einer Feststellungsklage zugunsten des Betriebsrates haben die Arbeitgeber eine eindeutige Informationspflicht.

Vor allem muss man mit Gesichtsverlust bzw. negativer Publicity rechnen!


Was sind denn die Grenzen der Mitbestimmung?

Mag. Erwin Fuchs: Die Mitbestimmung endet dort, wo die persönlichen Rechte des Mitarbeiters betroffen sind.

Das heißt: Einsicht in den Personalakt geht nur mit Zustimmung des Mitarbeiters: Im Bereich der Arbeitszeit, dem Entgelt oder dem Urlaubsanspruch.

Der Betriebsrat kann beraten, diese Dinge aber nicht für die Belegschaft geltend machen. Der BR kann also nicht für den Mitarbeiter Überstundenentlohnung o. Ä. einklagen.

Was jedoch möglich ist, ist, dass an Stelle des Mitarbeiters eine Kündigung angefochten wird.

Welchen Praxis-Tipp würden Sie Arbeitgebern mit auf den Weg geben für den Umgang mit dem Betriebsrat?

Mag. Erwin Fuchs: Mein Praxis-Tipp wäre ein transparenter und respektvoller Umgang auf Augenhöhe mit dem Betriebsrat als notwendiges und wichtiges Arbeitnehmervertretergremium.

Wichtig ist auch die Überlegung, welche Aufgaben man verteilen kann.

Der BR sollte möglichst früh in betriebliche Prozesse, wie eine Umstrukturierung, involviert werden. Meiner Erfahrung nach ist es so, dass sich das Betriebsklima vor allem dann verschlechtert, wenn kein Informationsfluss da ist.

Ich rate daher jedem Arbeitgeber, transparent und frühestmöglich zu informieren!

Rechtsanwalt Mag. Erwin Fuchs

Mag. Erwin Fuchs ist seit über 15 Jahren in der Rechtsberatung tätig, davon über 10 Jahre nahezu ausschließlich im Bereich Arbeitsrecht.
Er ist Autor, Vortragender und Rechtsanwalt im Bereich des Arbeitsrechts und verwandter Materien.

Er hält regelmäßige Seminare zum Thema Arbeitsrecht für Akademie Herkert und ist als Autor und Herausgeber für den Forum Verlag tätig.

 

👉 Lesen Sie mehr zum Thema Arbeitsrecht in unserem Blogbeitrag: „Arbeitsrecht: 5 wichtige Begriffe einfach erklärt.

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