Deckungsreucklass ÖNORM B2110
Bei dem sog. Deckungsrücklass handelt es sich um eine vertraglich vereinbarte Sicherstellung gemäß ÖNORM B2110. Speziell bei den in der Baubranche üblichen Abschlagszahlungen kann der Auftraggeber dadurch einen bestimmten Prozentsatz einbehalten und erst mit der Schlussrechnung begleichen. In der Theorie soll das Ganze die Qualität der Auftragnehmer (Baufirmen) kontrollieren und dem AG die Sicherstellung für die Vertragserfüllung durch den AN geben

 

Inhaltsverzeichnis

1. Fälligkeit und weiterer Nutzen von Deckungsrücklässen in der Baubranche

2. Unterschied zwischen Haftungsrücklass und Deckungsrücklass

3. Fazit Deckungsrücklass – better safe than sorry

 

Fälligkeit und weiterer Nutzen von Deckungsrücklässen in der Baubranche

Ein weiteres Ziel des Deckungsrücklass ist es, den Auftraggeber vor unerwarteten Kosten oder Rechnungsungenauigkeiten zu schützen. In derartigen Zweifelsfällen kann, insofern vorher vertraglich vereinbart, der Rücklassbetrag einbehalten werden – wenigsten so lange, bis die Sache geklärt oder nachverhandelt wurde. 

Der Deckungsrücklass kann dabei laut ÖNORM B2110 maximal 10 Prozent betragen – gängige Praxis sind Prozentsätze von 5–7. Bei großen und langjährigen Bauprojekten mit mehreren Bauphasen kommen oftmals eine Vielzahl an Abschlagrechnungen zusammen. Als Beispiel:

 

Abschlagrechnung 1

Abschlagrechnung 2

Abschlagrechnung 3

 Abschlagrechnung 4

10.000 Euro

20.000 Euro

 30.000 Euro

40.000 Euro

Deckungsrücklass 5 %:

500 Euro

Deckungsrücklass 5 %:

1.000 Euro

Deckungsrücklass 5 %:

1.000 Euro

Deckungsrücklass 5 %:

1.000 Euro

Deckungsrücklass insgesamt: 5.000 Euro – fällig mit der Schlussrechnung

Deckungsrücklass insgesamt: 5.000 Euro – fällig mit der Schlussrechnung

Deckungsrücklass insgesamt: 5.000 Euro – fällig mit der Schlussrechnun

Deckungsrücklass insgesamt: 5.000 Euro – fällig mit der Schlussrechnung

 

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Dementsprechend muss die Summe aller Deckungsrücklässe im Rahmen der Schlussrechnung beglichen werden.

→ Aber gemäß § 1170 ABGB „Sicherstellung“ kann ein Haftungs- oder Deckungsrücklass auch non-monetär erbracht werden. Dabei würde es sich um einen sog. Eigentumsvorbehalt oder eine Banksicherheit handeln. Aber auch diese punktuelle Übereignung oder Verbürgung muss mit der Schlussrechnung revidiert werden.

Bei feingliedrigen und detaillierten Bauverträgen und Abschlagsrechnungen kann es schnell zu Komplikationen kommen. Das „Praxishandbuch Bau & Recht“ unterstützt Sie bei der rechtskonformen Abwicklung von Bauvorhaben und minimiert Ihr Risiko. Sollte es dennoch zum Garantiefall kommen, liegen dem Ganzen explizite Strategien für den Ernstfall bei.

Unterschied zwischen Haftungsrücklass und Deckungsrücklass

Die großen Unterschiede zwischen Haftungsrücklass und Deckungsrücklass sind deren Zeitpunkt und Ziel. Bei Erstem handelt es sich um einen prozentualen Teil der Gesamtsumme eines Auftrags, der durch den Auftraggeber solange einbehalten wird, wie Gewährleistung auf die erbrachte Leistung besteht. Hier ist das Ziel, das Risiko von Gewährleistungs- und Haftungsfällen zu minimieren.

Der Deckungsrücklass hingegen kann kontinuierlich als Teil einzelner Abschläge einbehalten werden, um vor etwaigen Nach- und Zusatzleistungen gefeit zu sein. 

Beides sind Kontroll- und Sicherheits-Instrumente des Auftraggebers gegenüber den jeweiligen Auftragnehmern, um den Plan- und Istwert möglichst gleich zu halten.

Knackpunkt Garantie

Neben Haftungs- und Deckungsrücklass ist vor allem die Art und Weise, wie deren Sicherstellung garantiert wird, entscheidend und quasi immer im Bau-oder Werkvertrag festgehalten. 

Wie bereits erwähnt, ist ein/das gängige Mittel einer Sicherstellung die Bankgarantie. Dabei gilt stets der Grundsatz der sog. Garantiestrenge – was bedeutet, dass die Garantie auf das Wort genau abgerufen, bzw. geleistet werden muss. Bei unlauterer Inanspruchnahme hat die Bank hingegen ein rechtlich verbrieftes Recht auf einen Rückforderungsanspruch.

Fazit Deckungsrücklass – better safe than sorry

Für den Auftraggeber liegen die Vorteile eines Deckungsrücklass auf der Hand: Absicherung gegenüber Rechnungsungenauigkeiten und Bestärkung der Gewährleistung. Aber auch für Auftragnehmer bring das Ganze einen gewissen Mehrwert mit sich: Durch die zeitliche Verzögerung der Auszahlung der 5–10 % kann so geplant werden, dass dieser Wert erst zu einem gewünschten Zeitpunkt in den Jahresabschluss miteinfließt, was wiederum steuerliche Vorteile nach sich ziehen könnte.

Andererseits schließen beispielsweise Bauunternehmen oft ähnliche Verträge mit den jeweiligen Subunternehmern ab, d. h. das Risiko der Gewährleistungspflicht wird somit indirekt auf mehrere Parteien übertragen.

Quelle: „Praxishandbuch Bau & Recht“, RIS - Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 1170 - Bundesrecht konsolidiert, tagesaktuelle Fassung (bka.gv.at), www.mplaw.at

 

 

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