Bei Krankheit, Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten haben Arbeitnehmer:innen in Österreich Anspruch auf Entgeltfortzahlung während ihrer Arbeitsunfähigkeit.
Doch welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein und wie lange besteht dieser Anspruch?
In diesem Artikel erfahren Sie, welche Rechte und Pflichten für Arbeitgeber:innen sowie Arbeitnehmer:innen gelten.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Entgeltfortzahlung in Österreich?
- Wie lange besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
- Höhe der Entgeltfortzahlung
- Was ist der Unterschied zwischen Entgeltfortzahlung und Krankengeld?
- So bleiben Sie rechtssicher im Umgang mit Krankenstand, Fehlzeiten & Co.
- Häufig gestellte Fragen
Was ist Entgeltfortzahlung in Österreich?
Wenn Arbeitnehmende aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls arbeitsunfähig sind, haben sie in Österreich einen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Das heißt: Sie bekommen während ihrer Arbeitsunfähigkeit für eine bestimmte Dauer weiterhin ihren vollen Lohn bezahlt.
Wann besteht Anspruch?
In folgenden Fällen bekommen Arbeitnehmer:innen die Fortzahlung ihres Entgelts:
- Im Krankheitsfall
- Im Unglücksfall
- Bei Kur- und Erholungsaufenthalten, die von der Sozialversicherung bewilligt oder angeordnet wurden
- Bei Arbeitsunfällen
- Bei Berufskrankheiten
Was sind die Voraussetzungen?
Keine grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz
- Dienstnehmer:innen dürfen die Arbeitsverhinderung nicht vorsätzlich oder durch grobes Selbstverschulden herbeigeführt haben.
- Ein Beispiel für grobe Fahrlässigkeit sind Verkehrsunfälle, die durch das Lenken eines Fahrzeugs unter Alkoholeinfluss verursacht werden.
Meldung und Nachweis der Arbeitsunfähigkeit
- Mitarbeiter:innen müssen Sie unverzüglich und unaufgefordert darüber informieren, wenn sie krank und daher arbeitsunfähig sind.
- Als Arbeitgeber:in dürfen Sie von den erkrankten Arbeitnehmenden eine ärztliche Bestätigung über den Krankenstand verlangen. Diese muss Beginn, voraussichtliche Dauer und Ursache der Arbeitsverhinderung enthalten.
- Wenn die Mitarbeiter:innen ihrer Melde- und Nachweispflicht der Arbeitsunfähigkeit nicht nachkommen, verlieren sie für die Dauer der Säumnis ihren Anspruch auf die Entgeltfortzahlung.
Wie lange besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
Anspruch im Krankheits- oder Unglücksfall
Die Anspruchsdauer der Entgeltfortzahlung im Krankheits- oder Unglücksfall hängt von der Dauer des Arbeitsverhältnisses ab.
Dabei gelten für Arbeiter:innen und Angestellte weitgehend die gleichen Regeln.
Folgende Tabelle zeigt die Anspruchsdauer je nach Dauer der Dienstzeit:
Dienstzeit |
Volles Entgelt |
Halbes Entgelt |
Erstes Dienstjahr |
6 Wochen |
4 Wochen |
2. – 15. Dienstjahr |
8 Wochen |
4 Wochen |
16. – 25. Dienstjahr |
10 Wochen |
4 Wochen |
Ab dem 26. Dienstjahr |
12 Wochen |
4 Wochen |
Die Anspruchsdauer gilt pro Arbeitsjahr. Dieses beginnt immer mit dem vertraglich vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses.
⚠️ Achtung: Durch entsprechende Kollektivverträge oder Betriebsvereinbarungen kann sich der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Kalenderjahr richten. |
Nach Ablauf der vollen Entgeltfortzahlung erhalten Mitarbeitende für maximal weitere 4 Wochen die Hälfte ihres Entgelts. Wenn ein neues Arbeitsjahr beginnt, entsteht wieder ein neuer voller Lohnfortzahlungsanspruch.
Anspruch bei Arbeitsunfall und Berufskrankheit
Auch bei Arbeitsunfällen oder einer Berufskrankheit haben Arbeiter:innen und Angestellte Anspruch auf Fortzahlung ihres vollen Entgelts innerhalb eines Arbeits- bzw. Kalenderjahres.
In solchen Fällen ist die Anspruchsdauer folgendermaßen geregelt:
Dienstzeit |
Volles Entgelt |
Bis zum 15. Dienstjahr |
8 Wochen |
Ab dem 16. Dienstjahr |
10 Wochen |
Dieser Anspruch gilt pro Anlassfall und wird nicht auf andere Zeiten einer Dienstverhinderung angerechnet.
Anspruch bei Wiedererkrankungen
Bei einer wiederholten Dienstverhinderung durch Erkrankung im gleichen Arbeitsjahr gelten folgende Bestimmungen:
- Die Anspruchszeiträume der Entgeltfortzahlung werden für alle krankheitsbedingten Wiedererkrankungen innerhalb eines Arbeitsjahres zusammengerechnet. (Ausnahme: Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten)
- Bei einer Wiedererkrankung erhalten Arbeitnehmende nur dann Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn dieser für das betreffende Arbeitsjahr noch nicht ausgeschöpft ist.
Beispiel für Anspruchsdauer bei Entgeltfortzahlung
- Eine Angestellte arbeitet seit 9 Jahren in Ihrer Firma.
- Ihr Arbeitsjahr beginnt immer mit 1. Juli.
Ereignis |
Beginn des Krankenstandes |
Dauer der Dienstverhinderung |
Entgeltfortzahlung |
Arbeitsunfall |
12. August |
6 Wochen |
6 Wochen voll |
Grippe |
3. Dezember |
2 Wochen |
2 Wochen voll |
Für Sie als Arbeitgeber:in bedeutet das also:
- Sie müssen 6 Wochen lang das volle Entgelt für den Arbeitsunfall zahlen.
- Für die Grippe müssen Sie 2 Wochen lang das volle Entgelt zahlen.
Wann entsteht ein neuer Anspruch?
- Mit Beginn des neuen Arbeitsjahres (1. Juli) erhält die Angestellte wieder einen vollen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für Krankheits- oder Unglücksfälle.
- Bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten entsteht ein neuer Anspruch im Arbeitsjahr erst dann, wenn die Angestellte zwischenzeitlich wieder gearbeitet hat.
Höhe der Entgeltfortzahlung
Grundsätzlich gilt das Ausfallsprinzip, was die Höhe der Entgeltfortzahlung betrifft.
Das bedeutet: Arbeitnehmenden steht während ihres Krankenstandes jenes Entgelt zu, das sie ohne krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bekommen hätten.
Das Entgelt setzt sich dabei aus folgenden Bestandteilen zusammen:
- Grundgehalt
- Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld)
- Überstundenvergütung
- Provisionen
- Erfolgsprämien
Folgende Leistungen werden hingegen nicht in die Lohnfortzahlung eingerechnet:
- Fehlgeldentschädigungen
- Reisekosten wie Tag- und Nächtigungsgelder oder Fahrtkostenvergütungen
- Trennungsgelder
- Entfernungszulagen
- Freie oder verbilligte Mahlzeiten und Getränke
- Beförderung der Dienstnehmer:innen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf Kosten der Arbeitgeber:innen
- Teilweiser oder gänzlicher Ersatz der Kosten für Arbeitsfahrten der Arbeitnehmenden
📖 Gut zu wissen: Bei Akkord-, Stück- oder Gedinglöhnen wird die Höhe der Lohnfortzahlung nach dem Durchschnitt der letzten 13 voll gearbeiteten Wochen berechnet. Dienstnehmer:innen, die Provisionen erhalten, bekommen den Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate. |
Was ist der Unterschied zwischen Entgeltfortzahlung und Krankengeld?
Während die Entgeltfortzahlung von den Arbeitgebenden gezahlt wird, ist das Krankengeld eine finanzielle Leistung der Sozialversicherung.
Kurz und kompakt – Wichtiges zum Krankengeld:
- Das Krankengeld muss von den Arbeitnehmenden bei der Krankenversicherung beantragt werden.
- Während der halben Entgeltfortzahlung erhalten betreffende Mitarbeiter:innen zusätzlich das halbe Krankengeld.
- Wenn der Anspruch auf die halbe Lohnfortzahlung ausgeschöpft ist, bekommen betreffende Arbeitnehmer:innen das volle Krankengeld.
- Die Höhe des Krankengeldes hängt von der Bemessungsgrundlage und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ab.
Weitere Informationen finden Sie bei der ÖGK – Krankengeld.
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Häufig gestellte Fragen
Wie ist die Entgeltfortzahlung im Krankenstand in Österreich gesetzlich geregelt?
In Österreich ist die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für Arbeiter:innen im Entgeltfortzahlungsgesetz und für Angestellte im Angestelltengesetz geregelt.
Je nach Branche und Beschäftigungsverhältnis können zudem andere gesetzliche Bestimmungen zur Anwendung kommen (z. B. Theaterarbeitsgesetz, Landarbeitsgesetz etc.).
Was passiert mit dem Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn eine Arbeitsverhinderung in das neue Arbeitsjahr hineinreicht?
Reicht eine durchgehende Dienstverhinderung durch einen Krankheits- oder Unglücksfall in das neue Arbeitsjahr hinein, wird sie im neuen Arbeitsjahr als neuer Krankenstand betrachtet. Das gilt auch dann, wenn der Entgeltfortzahlungsanspruch im alten Arbeitsjahr bereits ausgeschöpft wurde.
Anders verhält es sich bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten: Wenn die durchgehende Dienstverhinderung in das neue Arbeitsjahr hineinreicht, gibt es keinen neuen Anspruch. Dieser entsteht erst dann, wenn die betreffende Person zwischenzeitlich wieder gearbeitet hat.
Was gilt bei einer Kündigung während des Krankenstandes?
Als Arbeitgeber:in dürfen Sie Ihre Arbeitnehmenden auch während ihres Krankenstandes kündigen.
In diesem Fall müssen Sie für die Dauer des Krankenstandes das Entgelt weiterbezahlen, solange die maximal geltende Dauer der Lohnfortzahlung noch nicht überschritten ist.
Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet wurde, während die betreffende Person noch krank war.