Eine Person im Rollstuhl fährt einen Flur entlang.

Barrierefreiheit und Nutzungssicherheit sind zentrale Anforderungen bei Bauprojekten. In Österreich sorgt die OIB-Richtlinie 4 dafür, dass diese Vorgaben bundesweit einheitlich geregelt sind. Sie definiert dabei klare Vorschriften für barrierefreies Bauen, um allen Menschen eine sichere und uneingeschränkte Nutzung zu ermöglichen. 

In diesem Artikel erhalten Sie eine Übersicht über die wichtigsten Inhalte der OIB-RL 4, ihren Geltungsbereich und ihre rechtliche Verbindlichkeit. 

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist die OIB-Richtlinie 4?
  2. Warum ist die OIB-Richtlinie 4 wichtig? 
  3. Wo gilt die OIB-RL 4? 
  4. Ist die OIB verpflichtend? 
  5. Wie oft wird die OIB-Richtlinie 4 aktualisiert? 
  6. Welche Anforderungen stellt die OIB-RL 4 für barrierefreies Bauen? 
  7. So gelingt die Umsetzung der OIB-Richtlinie 4 in der Praxis 
  8. Häufig gestellte Fragen 


Was ist die OIB-Richtlinie 4? 

Die OIB-Richtlinie 4 (OIB-RL 4) ist eine österreichweit einheitliche Bauvorschrift, die Anforderungen an die Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit von Gebäuden festlegt. 

Sie wird vom Österreichischen Institut für Bautechnik (OIB) herausgegeben und ist Teil eines Gesamtpakets von 6 OIB-Richtlinien, die unterschiedliche bautechnische Bereiche abdecken: 

OIB-Richtlinie 

Thema 

OIB-Richtlinie 1 

Mechanische Festigkeit & Standsicherheit 

OIB-Richtlinie 2 

Brandschutz 

OIB-Richtlinie 3 

Hygiene, Gesundheit & Umweltschutz 

OIB-Richtlinie 4 

Nutzungssicherheit & Barrierefreiheit 

OIB-Richtlinie 5 

Schallschutz 

OIB-Richtlinie 6 

Energieeinsparung & Wärmeschutz 

 

Unser Tipp: Für einen kompakten Überblick über alle OIB-Richtlinien empfehlen wir Ihnen das LIVE Online-Seminar „OIB-Richtlinien 2025 und 2023“. 

Warum ist die OIB-Richtlinie 4 wichtig? 

Die OIB-RL 4 sorgt für einheitliche Bauvorschriften in allen Bundesländern, was die Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit von Gebäuden betrifft. Dadurch werden Bauverfahren vereinfacht und Planungsprozesse transparenter.  

Sie bildet die rechtliche Grundlage für baurechtliche Anforderungen rund um barrierefreies Bauen und hilft dabei, Bauprojekte normkonform umzusetzen. 

Wo gilt die OIB-RL 4? 

Die OIB-RL 4 gilt grundsätzlich für Gebäude. Ihre Bestimmungen sind sinngemäß auch auf andere Bauwerke anzuwenden. 

Ausgenommen sind lediglich eingeschoßige, nicht barrierefrei zu gestaltende Gebäude ohne Wohnung mit einer Brutto-Grundfläche von höchstens 15 m² (z. B. Gartenhütten, Gerätehütten, Kioske). In diesen Fällen greifen die Anforderungen der Richtlinie nicht. 

Ist die OIB verpflichtend? 

Grundsätzlich sind die OIB-Richtlinien – und damit auch die OIB-RL 4 – verpflichtend, sobald sie von einem Bundesland in dessen Bautechnikverordnung übernommen wurden. 

In seltenen Fällen können Bundesländer abweichende Regelungen treffen. Dann gelten die landesspezifischen Vorschriften. 

Wie oft wird die OIB-Richtlinie 4 aktualisiert? 

Alle 4 Jahre werden die OIB-Richtlinien und somit auch die OIB-RL 4 gemeinsam mit den Bundesländern, Expert:innen aus dem Bauwesen und Vertreter:innen der Wirtschaft überarbeitet. 

Die aktuell gültige Fassung ist die Ausgabe 2023 (Stand: August 2025). 

Auf der Website der OIB können Sie die vollständige Richtlinie einsehen und herunterladen: OIB-Richtlinie 4 Ausgabe 2023 

Welche Anforderungen stellt die OIB-RL 4 für barrierefreies Bauen? 

Zugang und Erschließung 

Die OIB-Richtlinie 4 legt fest, wie Eingänge und Erschließungswege gestaltet sein müssen, damit sie für alle Nutzer:innen ohne Einschränkungen zugänglich sind. 

  • Eingang: Mindestens ein Eingang muss stufenlos erreichbar sein (Haupteingang oder ein Eingang in dessen unmittelbarer Nähe). 
  • Vertikale Erschließung: Wo erforderlich, müssen Treppen oder Rampen, ggf. ergänzt durch Aufzüge oder Hebeeinrichtungen, vorhanden sein. 
  • Durchgehende Treppen: Treppen in Fluchtwegen (außer Wohnungstreppen) müssen bis zum Ausgangsniveau durchgehend ausgebildet sein. 
  • Versammlungsstätten: Hier müssen nur die Rollstuhlplätze von der jeweiligen Erschließungsebene aus barrierefrei erreichbar sein. 

 Ein Gebäude mit einer Treppe und Rampe.

 

Rampen 

Nach der OIB-RL 4 müssen Rampen folgende Anforderungen erfüllen: 

  • Allgemeines Längsgefälle: Es sind maximal 10 % zulässig. 
  • Barrierefreie Rampen: Bei Gebäuden oder Gebäudeteilen, die barrierefrei zu gestalten sind, beträgt das maximale Längsgefälle 6 %. Ein Quergefälle ist nicht zulässig. 
  • Sicherheitsausstattung: Rampen müssen beidseitig über Handläufe und Radabweiser verfügen. 
  • Horizontale Flächen: Am Anfang und Ende der Rampe sind horizontale Flächen mit einer Länge von mindestens 1,20 m anzuordnen. Bei Richtungsänderungen über 45° müssen es mindestens 1,50 m sein. 
  • Zwischenpodeste: Rampen sind spätestens nach 10 m mit Zwischenpodesten zu unterbrechen. Diese müssen mindestens 1,20 m lang sein, bei Richtungsänderungen über 45° mindestens 1,50 m. 

 

Personenaufzüge und vertikale Hebeeinrichtungen 

In der Richtlinie ist festgelegt, wann und wie Personenaufzüge oder vertikale Hebeeinrichtungen auszuführen sind, um Barrierefreiheit sicherzustellen. 

  • Verbindung aller Ebenen: Sind Aufzüge oder Hebeeinrichtungen für Personen erforderlich, müssen alle Geschoße miteinander verbunden sein – inkl. Eingangsniveau, Keller- und Garagengeschoße. Bei mehrgeschoßigen Wohnungen muss zumindest die Eingangsebene erreichbar sein. 
  • Fahrkorbgröße: Die Grundfläche muss mindestens 1,10 m Breite x 1,40 m Tiefe betragen, mit der Tür an der Schmalseite. 
  • Türanforderungen: Fahrkorb- und Schachttüren sind als waagrecht bewegte, selbsttätig kraftbetätigte Schiebetüren auszuführen. 
  • Bewegungsfläche (Wendekreis) vor den Schachttüren: Diese muss einen Durchmesser von mindestens 1,50 m aufweisen. 
  • Gebäude mit einem Fluchtniveau von über 22 m: Es ist mindestens ein Aufzug mit einer Fahrkorbgrundfläche von 1,10 m Breite x 2,10 m Tiefe erforderlich. 
  • Gebäude mit einem Fluchtniveau von über 32 m: Es sind mindestens 2 Aufzüge erforderlich, einer davon mit einer Fahrkorbgrundfläche von 1,10 m Breite x 2,10 m Tiefe. 

 

Treppen 

Auch für die Gestaltung von Treppen gibt es bestimmte Vorgaben nach der OIB-RL 4. 

  • Mindestlaufbreite: Haupttreppen (außer Wohnungstreppen) müssen mindestens 1,20 m breit sein. Wohnungstreppen benötigen mindestens 0,90 m, Nebentreppen mindestens 0,60 m. 
  • Stufen: In einem Treppenlauf müssen alle Stufen gleich hoch und gleich tief sein. 
  • Barrierefreie Haupttreppen: Diese müssen geradläufig sein. Gekrümmte Lauflinien sind nur erlaubt, wenn im Abstand von 40 cm zu beiden Seiten die Schrittmaßregel eingehalten wird. 
  • Kontrastkennzeichnung: Bei barrierefreien Gebäuden müssen zumindest die An- und Austrittstufen kontrastierend gekennzeichnet werden. 
  • Handläufe: Treppenläufe mit 2 oder mehr Stufen müssen auf beiden Seiten durchgängige, gut greifbare Handläufe haben. Ein einseitiger Handlauf genügt nur bei Gebäuden mit maximal 3 Wohnungen, in Reihenhäusern, bei Nebentreppen und Wohnungstreppen. 

 

Türen 

Damit Türen sicher und barrierefrei sind, schreibt die OIB-Richtlinie 4 folgende Anforderungen vor: 

  • Bedienbarkeit: In barrierefreien Bereichen müssen Türen leicht zu öffnen sein. Automatische Türen müssen frühzeitig öffnen und verzögert schließen. 
  • Anfahrbereiche: In barrierefreien Gebäuden müssen bei Türen an beiden Seiten ausreichend große Bewegungsflächen vorhanden sein oder die Türen müssen automatisch zu öffnen sein. 
  • Karusselltüren und Drehkreuze: Diese müssen barrierefrei umgehbar oder umfahrbar sein. 

 

Sanitärräume 

Bei der Gestaltung von barrierefreien Toilettenräumen muss darauf geachtet werden, dass diese uneingeschränkt nutzbar sind. 

  • Mindestgröße: Diese beträgt 2,15 m x 1,65 m. Türen dürfen nicht nach innen öffnen und müssen im Notfall von außen entriegelbar sein. 
  • Handwaschbecken: Dieses muss unterfahrbar mit mindestens 35 cm Tiefe sein. 
  • Ausstattung: In öffentlich zugänglichen Gebäuden ist eine Notrufanlage verpflichtend. 

 Ein Bauarbeiter und eine Bauplanerin stehen auf einer Baustelle.

So gelingt die Umsetzung der OIB-Richtlinie 4 in der Praxis 

Damit Sie die OIB-RL 4 rechtssicher und praxisnah anwenden, empfehlen wir Ihnen das LIVE Online-Seminar „OIB-Richtlinie 4 Neu: Barrierefreies Bauen“. 

Das Seminar vermittelt kompakt alle Anforderungen und zeigt auf, wie sich die Vorgaben wirtschaftlich umsetzen lassen. 

Ihre Vorteile: 

  1. Aktuell & verständlich: Expertin Ing.in Maria R. Grundner erklärt die Vorschriften klar und praxisnah. 
  1. Rechtskonform: Sie kennen alle relevanten Rechtsvorschriften in Ihrem Bundesland. 
  1. Praxisgerecht: Entdecken Sie konkrete Lösungen für unterschiedliche Gebäudetypen und Nutzungsarten. 

 

 

 

Häufig gestellte Fragen 

Was ist der Unterschied zwischen der OIB-RL 4 und der ÖNORM B 1600? 

Sowohl die OIB-RL 4 als auch die ÖNORM B 1600 befassen sich mit barrierefreiem Bauen. Allerdings unterscheiden sie sich in ihrer Form und Verbindlichkeit: 

  • Die OIB-Richtlinie 4 ist eine verbindliche Bauvorschrift, sobald sie in die jeweilige Bautechnikverordnung eines Bundeslandes übernommen wurde. 
  • Die ÖNORM B 1600 ist eine Norm mit empfehlendem Charakter und ist nur verpflichtend, wenn sie ausdrücklich in einem Gesetz, einer Verordnung oder einem Vertrag genannt wurde.  

Wo finde ich Schulungen oder Seminare zur OIB-Richtlinie 4? 

Aktuelle Schulungen, Webinare und Seminare zur OIB-Richtlinie 4 werden u. a. von der Akademie Herkert angeboten – z. B. das LIVE Online-Seminar „OIB-Richtlinie 4 Neu: Barrierefreies Bauen“. 

Ab wann gilt die aktuelle Fassung der OIB-Richtlinie 4 in meinem Bundesland? 

Die Ausgabe 2023 der OIB-RL 4 wird von den Bundesländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die jeweilige Bautechnikverordnung übernommen. In Wien sind die OIB-Richtlinien 2023 etwa am 23. Februar 2024 in Kraft getreten. Weitere Informationen dazu finden Sie bei der OIB. 

 

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